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Zusammenfassung
Das ländliche Leben im 19. Jahrhundert war ein Regelwerk, das sich vor allem um den mit Arbeit gefüllten Tag drehte. Arbeiten und Leben waren eine Einheit, die fast alle Bereiche des Lebens kontrollierte: das Wohnen, die Familienstruktur und sogar die Partnerwahl gehörten dazu. Dabei ging die Macht in erster Linie von oben aus und wurde dann von der Gemeinschaft gemeinsam getragen. Die Freiheit der Landbevölkerung war somit eine zweifach beschränkte; zum einen wurde sie durch den Gutsherren genommen, zum anderen gab es das Dorf und die Familien, die den Alltag bestimmten und das Arbeiten und das Überleben der Gemeinschaft kontrollierten.
Das Dorf, ein enges Netz von Menschen, brauchte und unterstützte sich gegenseitig. Wie Wolfgang Kaschuba in Lebens-Felder: Das „Ich“ als ein „Wir“ schreibt, war das Dorf eine „ökonomische Zwangsgemeinde“ und gleichzeitig eine Solidargemeinschaft. Die zwei Seiten der Alltagserfahrung und des Zusammenlebens bezeichnet Kaschuba als „Doppelcharakter“; Arbeit war physikalisches Existenzgebot, welches das Überlebensprinzip verfolgte und von allen am Prozess beteiligten viel Leistung und Disziplin abverlangte, gleichzeitig war es eine soziale Legitimationsstrategie, die gewisse Denkweisen in Bezug auf Arbeit und somit ein moralisches Verpflichtungsgefühl förderte, welches die bäuerliche Mentalität prägte und das System der Dorfgemeinschaft stabilisierte aber auch prägte (vgl. Kaschuba 1988:80).
Das einseitige Bild des Bauern und der ländlichen Kultur erklärt sich von selbst, wenn man sich auf der einen Seite die schweren Zeiten und Herausforderungen eines bäuerlichen Lebens vorstellt und dabei die Beziehungen der Menschen untereinander vor dem Hintergrund der Zeit genauer betrachtet. Die Einschränkungen, die ein Lebens auf dem Lande bedeuteten, dazu der Prozess der Bauernbefreiung bis zu endgültigen mündigen Existenz, haben ihren Teil dazu beigetragen. Auf der anderen Seite gibt es heute mehr den je, eine Idealisierung der Werte und Tugenden, die das Leben auf dem Land und das Bauerntum repräsentieren. Das liegt vor allem anVerlust an Stabilität und Sicherheit in der heutigen Zeit. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass das Leben auf dem Land im 19. Jahrhundert eine sich wiederholende Gleichheit im Alltag durchlebte und einen Mangel an Flexibilität bis hin zur Erstarrung mit sich brachte, wie wir sie in den hier aufgezählten Alltagsbeschreibungen aufgezeigt finden und die das ländliche Dasein von damals bestimmten.
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